In welchem Universum sind denn bitte Schnecken nützlich? Lasst uns kurz das Bild von braunen Nacktschnecken auf unserem liebevoll gehegten Gemüsepflanzen verjagen — im Aquarium SIND Schnecken nützlich! Nur sehr wenige Arten von Aquarienschnecken fressen überhaupt Aquarienpflanzen an, weil sie sich eher von abgestorbenem Pflanzenmaterial ernähren, von Biofilmen, Algenbelägen, Aas, Futterresten und allem, was im Aquarium sonst noch überflüssig ist, gammeln kann und die Wasserqualität beeinträchtigen würde. Oder gleich von anderen Schnecken.
Aquarienschnecken sind zwar nützlich, aber eine reine Haltung als Funktionstiere ist etwas zu kurz gesprungen - dafür sind Wasserschnecken fast ein bisschen zu schade. Es gibt so viele wirklich schöne und faszinierende Wasserschneckenarten, die es eigentlich wert sind, dass man sich mit ihnen um ihrer selbst willen beschäftigt, auch wenn sie nebenbei noch ganz exzellent die Funktion eines Hausmeisters im Aquarium wahrnehmen. Darum: Mut zur Schnecke!
Die kleinen fleißigen Resteverwerter oder - Schneckenplagen gibt es nicht, my Darling
Eine wichtige Rolle als Resteverwerter im Aquarium spielen Blasenschnecken (Physa sp.), Posthornschnecken (Helisoma cf. anceps, früher auch als Planorbella duryi angesprochen - eventuell verbergen sich auch noch ein paar asiatische Posthornschnecken-Arten in den Aquarien der Welt, wer weiß ...) und verschiedene Arten von Turmdeckelschnecken. Sie sind für eine gute Wasserqualität fast unverzichtbar und ganz nebenher in ihrer schlichten (Blasenschnecken) oder bunten (Posthornschnecken) Schönheit und durch ihre unterschiedlichen Formen absolut nett anzuschauen.
Die klassische Schneckenhausform der Posthornschnecken wird durch ihre schönen angezüchteten Farben optimal ergänzt. Posthornschnecken oder PHS gibt es in blau, türkis, rotorange, pink und braun, mache davon sogar mit einem Leopardmuster, vor allem die Jungschnecken.
Blasenschnecken und Turmdeckelschnecken fressen unheimlich gerne Biofilme und organische Masse, Futterreste und abgestorbenes Pflanzengewebe. Blasenschnecken legen eher schwammige Laichballen, während PHS eher flache, fast runde Gelege ablegen. Der Laich wird bevorzugt auf harten Oberflächen abgelegt, die Jungschnecken schlüpfen nach wenigen Tagen.
Die lebend gebärenden Malaiischen Turmdeckelschnecken (Melanoides tuberculata) und ihre Verwandten, namentlich die Nöppi (Genoppte Turmdeckelschnecke, Tarebia granifera), die Stachel-TDS (Mieniplotia scabra) und die Schwarze Turmdeckelschnecke (Melanoides maculata), halten sich überwiegend im Boden auf. So bringen sie sauerstoffreiches Wasser und Nährstoffe zu den Pflanzenwurzeln und verhindern durch ihre Lockerungstätigkeit gefährliche Faulstellen im Bodengrund des Aquariums.
Alle drei Schneckenarten vermehren sich im Süßwasser bei ausreichend Futter wirklich gut — was im Aquarium zu den viel beschrieenen "Schneckenplagen" führt. Grundsätzlich hat aber jedes Aquarium exakt so viele Schnecken, wie es das Futterangebot zulässt, und das Futterangebot hat jeder Aquarianer doch eigentlich selbst in der Hand, wenn wir ehrlich sind.
Nehmen die Schnecken im Aquarium überhand, gilt: Weniger oder aber hochwertiger füttern (damit weniger Futter unverdaut ausgeschieden wird), öfter den Bodengrund absaugen und natürlich auch abgestorbene Pflanzenreste entfernen. All dies ist exzellentes Schneckenfutter und trägt zu einer starken Vermehrung bei. Wenn allerdings die Schnecken das überflüssige Futter nicht wegfuttern würden, könnte die Wasserqualität stark leiden, Algenplagen würden sich breitmachen oder das Wasser könnte sogar komplett kippen.
Räuber, Räuber!
Die Raubschnecke (Clea helena, Anentome helena oder Anentome sp., je nach Quelle) ernährt sich gern von anderen lebenden Schnecken und kann das Aquarium in relativ kurzer Zeit tatsächlich schneckenfrei machen. Danach braucht die Raubschnecke weiterhin artgerechtes Futter, und natürlich gilt auch für Anentome helena: Das Futterangebot bestimmt die Vermehrungsrate. Sie macht auch zwischen absichtlich eingesetzten "schönen" Schnecken und "Schneckenplagen" keinen Unterschied, eignet sich also nicht zur gemeinsamen Haltung mit jeglicher anderer Schnecke. Selbst wenn es eine Weile gut geht, meist kommt irgendwann der Tag ... Anentome sp. legt kissenförmige Eikokons mit vier Zipfeln, in denen jeweils ein einziges Ei liegt.
Die nützlichen Schönen
Neben den häufig unbewusst eingeschleppten Wasserschnecken gibt es aber auch diejenigen Aquarienschnecken, die man bewusst wegen ihrer nützlichen Eigenschaften ins Aquarium einsetzt. Zu ihnen gehören beispielsweise die Nixenschnecken (Neritidae). Sie werden auch Rennschnecken genannt, und sie kümmern sich gerne um Algenbeläge aller Art. Neritiden befreien die Deko, die Scheiben des Aquariums und sogar die Pflanzenblätter von der ungeliebten grünen Schicht. Pflanzen fressen sie ebensowenig wie höhere Algen. Fadenalgen, Pinselalgen oder Bartalgen können sie nicht verwerten.
Zu den Nixenschnecken gehören neben vielen anderen Arten die in der Aquaristik besonders beliebten - weil sehr hübsch farbig gemusterten - Rennschnecken (die Rote Rennschnecke Neritina waigiensis, die Orange Track und die Zebra-Rennschnecke - einmal Neritina (Vittina) semiconica und Neritina (Vittina) turrita - und die Batikschnecke Neritina variegata, nur um mal ein paar von ihnen zu erwähnen), Geweihschnecken der Gattung Clithon in gold-schwarz, tricolor oder in der Variante Sun Snail, sowie die effektivste Algenfresserin, die Napfschnecke Neritina pulligera, oft kurz einfach "pulli" genannt.
Alle diese schönen Algenbeläge fressenden Aquarienschnecken können sich im Süßwasser nicht vermehren, ihre Larvenstadien brauchen Meerwasser oder zumindest Brackwasser, um groß zu werden. Bei diesen Tieren handelt es sich in der Aquaristik also niemals um Nachzuchten. Nixenschnecken sollten nicht in ganz frische, zu saubere Aquarien kommen, sondern in Aquarien mit ausreichend Aufwuchs, bestehend aus Biofilmen und Algenbelägen. Sehen die Tiere auffallend schlank aus, brauchen sie Zusatzfutter - Algensteine, Algenblätter oder direkt spezielles Schneckenfutter.
Rennschnecken, Geweihschnecken und Napfschnecken vermehren sich zwar nicht im Süßwasser, aber Eier legen sie doch. Ihre Eikokons kann man als helle, sesamkorn-ähnliche Strukturen bevorzugt auf Holz, Steinen oder auch auf anderen Schneckenhäusern entdecken.
Die dekorativen Zierschnecken
Auch die Zierschnecken-Fraktion unter den Aquarienschnecken erfüllt natürlich die Aufgabe eines Aufräumtrupps. Häufig handelt es sich allerdings um größer werdende Aquarientiere, die einen gesunden Appetit mitbringen und denen Reste und Aufwuchs nicht reichen. Sie sollten daher zugefüttert werden.
Eine der wenigen in der Aquaristik noch erlaubten Apfelschnecken ist die attraktive hell gefärbte und dunkel spiralig gestreifte Asolene spixi, die Zebra Apfelschnecke. Man sagt ihr nach, dass sie ab und zu auch mal gerne an Gelegen anderer Schnecken im Aquarium knabbert und Posthornschnecken und Blasenschnecken klein hält. Sie frisst gerne Gemüse wie getrockneten Kürbis, Schneckenfutter, Algenblätter, Laub, aber sie braucht auch Frostfutter oder Proteinfutter, damit ihr Gehäuse schön stabil und farbig wird und damit sie gesund wachsen kann. Anders als andere Apfelschnecken legt Asolene spixi ihre hellen, großen Laichballen bevorzugt unter Wasser ab, am liebsten in Höhlen.
Die tollen lebend gebärenden Turmdeckelschnecken aus Sulawesi gehören zur Gattung Tylomelania. Hier sticht besonders die Art Tylomelania sp. "orange" heraus, die orangene Felsenschnecke mit ihrem fast nachtschwarzen, toll geformten Gehäuse und ihrem strahlend orangefarbenen bis goldgelben Körper. Eine kleinere Ausgabe, nicht ganz so intensiv gefärbt, aber dafür definitiv nanotauglich, ist die Tylomelania sp. "Mini".
Eine weitere tolle große Schnecke, die sich jedoch nicht im Aquarium vermehrt, ist die dunkle Variante von Faunus ater, die Teufelsdornschnecke. Sie kann im Aquarium sehr alt werden und rüsselt gerne durch feinen Kies.
Für welche Arten von Aquarienschnecken man sich auch immer entscheidet - Schnecken im Aquarium sind faszinierende Wasserwesen und können unheimlich Spaß machen.